Eine Pionierin der Moderne.

Grete Lihotzky, 1921, Archiv UaK, Inv.Nr. F/56

„Ich bin keine Küche!” hat Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000) einmal gesagt. Und das war sie auch nicht. Mit dem Entwurf der Frankfurter Küche gelang ihr zwar ein einzigartiges Vorbild, das Generationen von Küchen nachhaltig prägte. Sie auf die „Mutter aller Einbauküchen” zu beschränken, wird ihrem lebenslangen Engagement und ihrer Pionierarbeit allerdings nicht gerecht – und dagegen wehrte sie sich auch ein Leben lang.   

Heimatsiedlung Stresemannallee 1930 © ernst-may-gesellschaft.de

Als eine der ersten Frauen studierte Margarete Schütte-Lihotzky 1915 Architektur in Wien und übte den Beruf anschließend auch ihr gesamtes Leben aus. Sie entwickelte den sozialen Wohnbau maßgeblich mit und gewann schon während ihrer Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Wien (heute die Universität für angewandte Kunst) als einzige weibliche Teilnehmerin einen Wettbewerb für eine Wohnungsanlage für Arbeitende.   

Das Interesse am sozialen Wohnbau sollte ihr bleiben, denn nach Abschluss ihres Studiums und ersten Arbeitserfahrungen in Wien kam Schütte-Lihotzky 1926 nach Frankfurt am Main. Berufen von Stadtbaurat Ernst May entwickelte sie eine kompakte Standardküche, die weit über 10.000 Mal in Sozialwohnungen eingebaut werden sollte. Die „Frankfurter Küche” war geboren. 

Es überrascht nicht, dass Schütte-Lihotzky als Pionierin des sozialen Wohnbaus auch politisch aktiv war: Sie war Kommunistin, schloss sich 1940 dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus an und befand sich gegen Kriegsende auch in Gefangenschaft. Sie setzte sich für den Wiederaufbau und soziale Bauprogramme in Wien ein. Als Kommunistin wurde sie allerdings kaum von öffentlicher Seite beauftragt. Sie war Aktivistin der Frauenbewegung und Verfechterin der Friedensbewegung.

 Durch zahlreiche Auslandsaufenthalte, Studienreisen, Teilnahme an internationalen Organisationen und Kongressen entwickelte sie insbesondere den sozialen Wohnbau, aber auch das Bauen mit Schwerpunkt Schulen und Kindergärten maßgeblich weiter.   

Forschungssituation © Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv

Erst spät – und sehr typisch für außergewöhnliche Frauenbiografien – erhielt sie auch von offizieller Seite Ehrungen. Ab ihrem 80. Geburtstag wurde sie mit folgenden Preisen ausgezeichnet:

  • Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs

  • Preis der Stadt Wien für Architektur  

  • Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst  

  • Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik   Produktbeschreibung

Architekturzentrum Wien, Sammlung, Foto: Margherita Spiluttini

Heute gibt es das Margarete Schütte-Lihotzky Zentrum in Wien, das sich in ihrer 55-Quadratmeter-Wohnung in Wien-Margareten befindet. Dort verbrachte die Architekturpionierin die letzten 30 Jahre ihres Lebens. Sie gestaltete die Wohnung ganz nach ihren eigenen Entwürfen.   

Wohnung in Wien-Margareten © Bettina Frenzel, schuette-lihotzky.at